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Interview mit Physiotherapeut Ilyas Merl

Seitenlage vs. Rückenlage - die richtige Schlafposition

Der menschliche Schlaf und seine gesundheitliche Bedeutung sind in den vergangenen Jahren immer mehr in den Fokus der wissenschaftlichen Forschung gerückt. Allerdings gehen die Meinungen bei einem Thema besonders stark auseinander: Die korrekte Liegeposition und die optimale Schlafplatzgestaltung. Einerseits sehen "sogenannte" Schmerzspezialisten die Rückenlage als korrekte Liegeposition an. Dabei berufen diese sich auf Muskelphysiologie die während der Wachphase zutrifft. Andererseits fokussiert sich die physikalische Schlafforschung auf die Schlafqualität und die dadurch minimierten Schlafunterbrechungen und liefert wertvolle Informationen zur individuellen Schlafposition. Im folgenden Interview mit Physiotherapeuten Ilyas Merl, finden Sie Antworten zu diesem umstrittenen Thema..

Frage

Ist weiches Liegen gefährlich, da dadurch das natürliche Drehen während des Schlafs verhindert wird?

I. Merl
In der Nacht sind Bewegungen nur in einem gewissen Ausmaß notwendig, da Körpersysteme wie Blut und Lymphe diese benötigen. Die Bandscheibe braucht allerdings keine Bewegung während der Nacht, da sie diese während des Tages bekommt. Beim Schlafen werden die Bandscheiben regeneriert und mit Nährstoffen versorgt. Dies geschieht mittels Diffusion, da die Bandscheibe nicht durchblutet ist. Die Behauptung, dass weich liegen gefährlich ist und der Bandscheibe schadet, kann den sogenannten Nocebo-Effekt auslösen, das Gegenteil eines Placebos. Es wird jemandem Angst gemacht und durch den Glauben der Person, dass es ihr schlecht gehen wird, wird es ihr in Folge auch schlecht gehen. Diese Angstmache ist sehr kritisch zu betrachten. Ob jemand weich oder fest liegen soll, hängt immer von individuellen Umständen ab. Aufgrund unterschiedlicher Beschwerdebilder kann eine weiche oder harte Lagerung notwendig sein. Es gibt kein Pauschalrezept, dass für alle passt!

Frage

Stimmt es, dass die Wirbelsäulenverformung, die tagsüber schwerkraftbedingt passiert, in der Nacht weiter zunimmt, wenn man weich liegt?

I. Merl
Nein. Diese Aussage tut so, als ob das Leben für unseren Körper grundsätzlich schlecht wäre. Aber es ist natürlich, dass unsere Wirbelsäule, sowie Lenden und Bandscheiben durch die Schwerkraft beeinflusst werden. Grundsätzlich reguliert der Körper sich sehr gut selbst und findet eine angenehme Schlafposition. Treten aber Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule auf, dann gibt es Schlafpositionen, die besser geeignet sind als andere. Beschwerden, wie beispielsweise Rücken-, Nacken- oder Schulterschmerzen sowie ein Bandscheibenvorfall, verlangen individuelle Lagerungen. Es ist wissenschaftlich erforscht, dass die Seitenlage mit steigendem Alter zunimmt. Die Wirbelsäule ist davon nicht beeinflusst, aber für unsere Muskulatur spielt es eine Rolle. Denn in Seitenlage ist eine Regeneration der Muskulatur besser möglich als in Rückenlage, bei der es im Lendenbereich zu Beschwerden kommen kann. Dies hängt vor allem mit der natürlichen Krümmung der Wirbelsäule und dem Spannungszustand der Muskulatur während der Nacht zusammen.

Frage

Wie kann die Wirbelsäule im Schlaf am besten durch die Schlafunterlage entlastet werden?

I. Merl
Die Anpassung der Schlafunterlage an die Anatomie ist äußerst wichtig, da jeder Mensch anders gebaut ist. Becken-, Schulter-, und Taillenbreite, sowie Gewichtsverteilung sind hier essenzielle Faktoren. Hier gilt wieder, dass es kein Pauschalrezept gibt und es keine One-Fits-All-Matratze geben kann. Es braucht eine Analyse, um eine Matratze individuell auf den Körper einer einzelnen Person anzupassen.

Frage

Welche Vorteile bietet die seitliche Schlafposition im Gegensatz zur Rückenlage?

I. Merl
Die Seitenschlafposition mit angewinkelten Beinen entlastet die Lendenwirbelsäule. Schmerzspezialisten meinen, dass dadurch die Muskulatur vehement verkürzt wird. Dies ist aber nicht wissenschaftlich nachgewiesen! Gerade bei Lendenwirbelsäulenproblemen ist die seitliche Schlafposition schmerzlindernd und entlastend. Das weiß jeder der im Krankenhaus auf einer orthopädischen Station arbeitet. Außerdem ist die Rückenlage schlechter bei Atemwegsbeschwerden (z.B. Schlafapnoe) und bei Herzerkrankungen, da vermehrt Beschwerden auftreten können. Auch Schnarchen findet häufig in der Rückenlage statt und kann durch Umlagerungen vermieden werden. Wenn man also Beschwerden hat, sprechen viele Argumente gegen die Rückenlage. Nicht jede Schlafposition ist für jedermann geeignet!

Frage

Ist bewusstes Auf-den-Rücken-Drehen schlecht für einen erholsamen Schlaf?

I. Merl
Untertags spricht nichts dagegen, es ist sogar gut, sich mit dem Rücken flach auf den Boden zu legen, um sich zu erden und zu spüren. Während dem Schlaf ist das Ziel jedoch, so wenig Schlafunterbrechungen wie möglich zu haben. Deshalb können wir gar nicht bewusst entscheiden uns zu drehen. Der Körper dreht sich, wie es im angenehm erscheint. Die einzige Lenkung passiert vor dem Einschlafen. Daher stellt sich die Frage des bewussten Positionswechsels gar nicht. Wichtig sind eine bequeme Einschlafposition und eine gesunde Einschlafroutine, damit der Körper während der Nacht maximale Erholung erlangen kann und sich selbst durch unbewusste Bewegungen reguliert. Auch die Umgebungsgestaltung spielt eine große Rolle. Es gilt somit, die Gesamtsituation zu betrachten und nicht die Schlafposition allein.

Frage

Berücksichtigt die Analyse am Liegesimulator die Rücken- und Seitenlage?

I. Merl
Ja, es geht nicht darum die Rückenlage als falsch darzustellen. Sie ist nur nicht die richtige für alle! Genau wie in allen anderen Schlafpositionen, muss man immer die individuellen Bedürfnisse und Voraussetzungen einer Person berücksichtigen. Auch in der Physiotherapie kann man nicht mit jedem Patienten mit Rückenschmerzen dieselben Übungen machen, sondern muss sie an die Umstände des einzelnen anpassen. Das Leben ist nicht eindimensional, sondern viele Faktoren spielen eine wichtige Rolle.

Frage

Was möchten Sie unseren Leser*innen noch mitzugeben?

I. Merl
Es gibt Dinge im Leben, die sind einfach so wie sie sind. Und davon auszugehen, dass wir aufgrund des vielen Sitzens am Tag, in der Nacht quasi weitersitzen, während in anderen Teilen der Welt Menschen schlafen, die so gut wie nie sitzen, ist keine realistische Ansicht und eine starke Verkürzung der Fakten, um den Menschen Angst zu machen und ein entsprechendes Geschäftsmodell abzuleiten. Anstatt Angst zu machen, sollten wir unsere Ressourcen stärken, um uns gesund zu halten. Mehr Selbstvertrauen in unseren Körper zu haben und ihn selbst spüren, statt darauf zu hören, was andere sagen, ist dabei essentiell. Unser Körper kann nicht durch eine einzige normale Bewegung aus dem Konzept gebracht werden und er ist belastbar. Wenn wir uns dessen bewusst sind und unsere Umgebung ihm anpassen, dann macht auch die Individualität bei der Matratzenwahl einen Sinn!

Im Interview

Physiotherapeut Ilyas Merl

Ilyas Merl ist Gründer und Geschäftsführer von schlafTEQ und seit 2015 als Physiotherapeut tätig. Er steht schlafTEQ mit seiner Expertise und mehrjährigen Berufserfahrung als Ansprechpartner zur Seite. Er ist der Experte, wenn es um das Thema Gesundheit und körperliche Beschwerden geht.


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